"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."

"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"

(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)

3. Mai 2016

Die Sünde (3)

Und was wir heute im Evangelium hören, was ist das? Ganz herrisch sagt ER ihnen: ICH bin GOTT und da gibt es keinen Abstrich. Und wenn es in die Hölle geht, auch in der Hölle gilt: ICH bin GOTT. Machen wir uns das bewußt und treiben wir mit dem Gedanken keinen Schabernack.
Jeder, der es erfahren hat in den schwierigen Stunden des Lebens, der weiß, was es heißt, GOTT ist Herr, und ich beuge mich, und welch eine Kraft in den Menschen hineinkommt, wenn er sagt: DU bist der Herr. Das haben wir gar nicht so, das kann man heute stark lernen bei Martin Buber. Er hat überhaupt keinen Haß und kein Ressentiment und zweitens staunt man, zu sehen, wie er betont: GOTT ist Herr. Er weiß, er ist Jude, aber GOTT wird ihn mit offenen Armen annehmen. Jedes dritte Wort: GOTT ist der Herr. GOTT sei Dank, daß ER der Herr und die Majestät ist.
Was wäre das traurig, ein GOTT, den wir erdenken und verstehen könnten. Das ist es ja, daß ER die unendliche Majestät ist, wenn ich mich einfach beuge und wenn mich das Leid zerquält. GOTT ist der Herr, ER weiß es. Der Gedanke reicht manchmal dorthin, wohin die Liebe nicht mehr reichen kann. Und dieses Herr-Sagen ist der Ausdruck der größten Liebe. Stark wie der Tod ist die Liebe, und alles, was nicht auf der Linie liegt, was irgendwie abweicht, ist Sünde.
Wir moderne Menschen heute leben so stark nach - was man in der Philosophie die "Causa secunda"- die zweite Ursache, nennt. Alles kennen wir zuerst und in unserem GOTTESbeweis sind wir auf einer falschen Leiter, steigen hinauf und entdecken dann GOTT und haben die größte Schwierigkeit gegen den anselmianischen GOTTESbeweis. Eine Kultur sagt so! Dadurch, daß ich GOTT denke, ist schon bewiesen, daß ER ist. Das heißt was, daß eine Kultur so zu denken wagt. Und wir müssen den langen Weg durch die Ursache der Welt und Kultur durchgehen, um geneigt zu werden, daß es einen GOTT geben muß. Was hat der GEIST GOTTES zu tun nach dem Herrn? ER hat die Welt zu überzeugen, daß es Sünde gibt, weil sie nicht an GOTT geglaubt hat. Sünde und Nichtglauben an GOTT sind identische Begriffe. Wo immer Sünde ist, ist ein Mangel an Glauben da, ganz oder teilweise. (13)
Nicht lebendiger lebendiger Glaube und GOTT nicht lebendig vor Augen haben immer und überall, das schon ist Sünde. Wissen Sie, wir beichten alles, nur nicht das, worum es sich handelt, weil wir uns so wenig kennen. Wir sind doch Christen und uns sollte buchstäblich nur ein Gedanke naheliegen – GOTT.
Christsein heißt, so eingehüllt sein in GOTT, daß alles davon erfaßt wird. Ich bin noch nicht ganz Christ geworden, wenn mir dieser Gedanke in der Seele Schwierigkeit macht. Gewiß, wir müssen die "Gute Meinung" machen, damit alle Handlungen in die Übernatur erhoben werden, die Handlung des Berufes etc. Es gibt aber ein Stadium, wo der Gedanke "GOTT" von der Seele nicht mehr zu trennen ist, daß der Mensch nicht mehr unternehmen kann, was er will, er tut alles in GOTT. Dann erst ist er ganz Christ geworden.
Ihn ausdrücklich immer hervorrufen zu müssen, den heiligen Namen GOTTES, ihn ausdrücklich entfalten zu müssen, wie ein geheimnisvolles Buch, das man aufschlägt, das führt zu keinem Ziel. Ich muß als Christ daraufkommen, daß ich nicht mehr auf die "Gute Meinung" anstehe, weil ich aus GOTT nicht mehr herausfallen kann, weil es so ist, ich kann tun, was ich will, weil ich IHN nicht mehr losgelassen habe, läßt auch ER mich nicht mehr los und das ist dann die wirkliche Negation der Sünde.
Um Sünde-Meiden dreht es sich, nicht nur, daß ich den Dekalog und die Gebote der Kirche erfüllt habe, darum dreht es sich nicht. Es dreht sich darum, daß ich den GOTTESgedanken nicht verloren habe - das ist die Sünde aller Sünden.
So muß GOTT in mir ruhen, daß die Seele ein Unbehagen spürt, sobald sie sich von IHM entfernt, es richtiggehend fühlt. Hier kommt das herein, daß zum Glauben auch ein Fühlen gehört; dieses Gespür dafür, was GOTT ist und ob mir GOTT nahe ist oder nicht. Ich will hier nur das Christsein besprechen und kein aszetisches Ideal entwickeln, sondern nur um das Sein dreht es sich, so daß ich, wo immer ich bin, nicht aus GOTT herausfalle.
Dann bin ich ganz Christ geworden. Ich gehöre nur der Übernatur an. Die Übernatur heißt nicht Übernatur, weil sie über der Natur ist und ich mich dort zurückziehe, sondern weil das mein einziges Leben ist. Wie CHRISTUS nicht leben konnte, ohne daß ER und der VATER eine Einheit sind im HEILIGEN GEISTE, so müßten auch wir leben, nie ohne GOTT. Und es ist nicht möglich, zwischen der aktuellen Hinwendung zur Sünde, was wir Sünde nennen im Beichtspiegel, und dem Leben in und aus GOTT, eine wertneutrale Zone einzuschalten, die nur für Klosterfrauen gilt. Nein, erreiche ich es hier nicht, erreiche ich es dort in einer unendlich schmerzlichen Läuterung. Das Fegefeuer, habe ich schon gesagt, braucht kein Feuer sein, es braucht nur die leibgetrennte Seele sein, die nicht GOTT hat. Wenn sie nicht GOTT hat, dann verzweifelt sie.
So kommt es, daß manche Seelen, die sterben, gleich bei GOTT sind. Es dreht sich nicht um die Fehler, sondern nur um die GOTTnähe. Die gibt ER jeder Seele. Der einen mehr, den anderen weniger. Das Gute ist etwas ganz anderes als wir meinen. Bezeichnend ist unser Katechismus, es kommt von der Sprechweise her, daß wir vom Guten ins Vollkommene streben und vollkommen werden sollen - das erwartet der Herr nicht. Das Gute ist erst gut im Vollkommenen. (14)
Thomas sagt: "Du bist erst soweit gut, als du vollkommen bist." Nicht setzt das Vollkommene das Gute voraus, umgekehrt: "Seid vollkommen!" dann erst bist du gut, und vollkommen bin ich erst, wenn ich GOTT in mir habe. Die Menschen mögen die oder jene Schwäche haben - GOTT nimmt sie im Flug. Darum sagt Augustinus, es gibt Seelen im Fegefeuer, die wissen nicht, was sie da sollen, sie haben nie gelernt, allein zu sein mit GOTT.
Ich glaube, es gibt Seelen im Fegefeuer, die Jahrhunderte da sind. Längst vermutet man sie bei GOTT. Und dann ist irgendwo so ein Räuber und ist in die Arme GOTTES gefallen, weil er GOTTES so stark bedurfte. Habe ich GOTT nötig, weil mir das Wasser bis daher steht, oder habe ich GOTT einfach essential nötig, darum dreht es sich. Da kann ich mir selbst schon das Gericht sprechen.
Wenn ich Hunger habe, weiß ich genau, was das ist. Und genau so habe ich Hunger nach GOTT oder nicht. Habe ich keinen Hunger, bin ich doch nicht GOTTES und wenn ich noch so viel geistliche Gewänder anhabe. Lewis sagt einmal, daß es viele gäbe auf Erden, die die Existenz GOTTES beweisen wollen und so sehr in der Wissenschaft mit GOTT zu tun haben, daß sie auf GOTT ganz vergessen. Überall suchen sie IHN, aber daß sie IHN in sich selbst brauchen, das wissen sie nicht. Das ist der subtilste aller Fehler. - Aber man muß es lesen, es ist grausam, wie wenn man im Badekleid auf Eis ginge, grausam ist diese Logik.

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