"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."

"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"

(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)

1. Mai 2016

Die Sünde (2)

Sünde ist also, sie mag sein wie immer und was immer, letztlich immer eine Verneinung GOTTES und ist letztlich immer auch in den einfachsten Versuchen das Experiment, ob es nicht möglich sei, GOTT-frei zu leben. Es handelt sich immer um Menschen, die zu GOTT sagen: "Mein Wille geschehe!" Es ist also immer die Sünde eine Verneinung GOTTES und Bejahung des eigenen Ich gegen GOTT. Lewis sagt, schlechthin gibt es nur zwei Menschenarten auf der Welt: Solche, die zu GOTT sagen: "Dein Wille geschehe", und die andere Gruppe, die zu GOTT sagt: "Mein Wille geschehe", und infolgedessen antwortet GOTT ihnen: "Ja, dein Wille geschehe". Dieses Buch von Lewis, das manche von Ihnen kennen, ist einfach das Buch des nackten Grauens, weil es so edel geschrieben ist und weil es keine Breughel'sche Hölle ist.
Darum ein Buch, das einem auf die Nerven geht, eine Entscheidung, eine moderne Hölle darzustellen, wo jeder das erhält, was er wollte, nur nicht GOTT. Der Autor hat etwas von einer dantesken Idee in sich und die Hölle ist für ihn nichts weiter als die Negation des Vaterunsers. Im Vaterunser beten wir: "Dein Wille geschehe"‚ und die Verdammten sagen: "Mein Wille geschehe, wie auf Erden, so jetzt ewig in der Hölle". Es wäre interessant, das Buch zu lesen, wer es lesen kann.
Im Letzten ist die Sünde immer eine GOTTES-Leugnung, worin die Seele sich an die Stelle GOTTES stellt in irgendeiner Selbstsucht und Selbstvergöttlichung. Es mag eine Sünde sein, wie immer leicht oder schwer, wo das eigene Ich GOTT vorgezogen wird. Eine andere Sünde als eine Verleugnung GOTTES gibt es nicht, sei es aus Leidenschaft und dann ist immer das eigene Ich gemeint, sei es aus Überzeugung und Theorie, dann ist der Verstand gemeint, der es nicht dulden kann, daß etwas über ihm steht.
Nach dem Buch, das ich nannte, rein dogmatisch gesehen, ist in der Hölle niemand, der nicht dort sein will. Und das ist die Lehre der Theologie. Jeder leidet, tobt gegen das Leid der Hölle, aber keiner sagt, ich möchte bei GOTT sein. Das ist das Leid, nicht, wie wir es darstellen, daß man in einem Gefängnis ist, aus dem man ja will. Wir stellen uns die Hölle und die Art der Sündenstrafen ganz falsch vor. Jeder dort will nicht leiden und jeder will niemals bei GOTT sein.
Und drum sagt Lewis, ist es die Verletzung des Vaterunsers: "Mein Wille geschehe", und GOTT sagt darauf: "Ja, dein Wille geschehe!" Im Vaterunser heißt es umgekehrt. Insoferne ist das Buch etwas ganz Neues, aber es ist das kalte Grauen, das einem ankommt. Die Sünde richtet sich stets gegen GOTT selbst und darum ist niemand in der Hölle, der nicht dort sein will. (Alles, was an Strafen vorgestellt wird, ist Nebensache). Und darum ist es ja nichts anderes, als GOTT fern zu sein.
Paulus: "Ich will in der Hölle sein, wenn ich bei GOTT bin" - wenn GOTT bei einem ist, ist es eben keine Hölle. Es ist immer die gleiche Majestät GOTTES, gegen die sich der Mensch auflehnt, ob das nun direkt oder indirekt ist. Die gefallenen Engel haben gesündigt, da sie sich bewußt und unmittelbar gegen GOTT auflehnten. Und das ist die Macht des Geistes des freien Geschöpfes, eben nicht GOTT wählen zu wollen. Es muß ja das nicht gleich die vollendete Verneinung GOTTES sein, es kann auch sein ein Tun des Menschen, der sich und nicht GOTT im Auge hat.
Und darum ist diese Heidegger-Philosophie und die Philosophie Jaspers und Hartmanns etwas für mich Grauenhaftes. Wir haben ein Beispiel an einem Menschen, der es an sich erlebt hat. Die Älteren können sich erinnern, das war eine Zeit, in der alle Katholiken das Buch gelesen haben: "Das Heilige" von Max Scheler. Eben dieser Max Scheler hat sich buchstäblich um sich gedreht und desavouiert  zum Schluß seine Lehre, und seine Ansätze wurden eine derartig teuflische, GOTT-freie Philosophie, daß es ein Grauen ist. Sartre und dergleichen, wo Sie umschauen. Damit ist alles gesagt. Sagen wir niemals, das sei nicht so tragisch zu nehmen; gewiß, im Einzelfall mag es so sein. Aber wir sind doch Menschen, die auf Bildung und Geist Anspruch machen müssen und dürfen. Und für uns gelten andere Maßstäbe. Wenn wir Christen sein wollen, dann dürfen wir niemals, auch nicht theoretisch, mit dem Wesen umgehen und so ein Denken aufziehen, wie diese deutschen und französischen Existentialisten es unternehmen. Immer ist die Sünde ein Fasziniert-sein vom Geschöpflichen in irgend einer Form, eine Unachtsamkeit und nicht Wachheit. - Immer ein Zertreten GOTTES in der Seele. Halten wir uns keinen Gedanken so Intensiv und so vielmal vor die Seele wie den einen an GOTT.
Das, was den modernen Menschen am wenigsten liegt, das ist das wichtigste Element: GOTTES Dasein, GOTTES Majestät und daß GOTT der Herr ist. Es ist ja jetzt ein bißchen abgekommen, dieses Reden und der Einwand: Ich bin ja nicht gefragt worden, wie ich ins Dasein gesetzt wurde, warum soll ich diesem Dasein nicht fluchen. So kurzsichtig kann nur ein moderner Mensch sein. GOTT ist der Herr - und wir Katholiken rücken das auch immer ein bißchen auf die Seite. Es gibt eine Frömmigkeit, die schädlich ist. GOTT ist Herr! Wir werden staunen, was es heißt: Majestät GOTTES. Ich habe mich einfach zu beugen. Alles andere ist abwegig. Wenn wir sagen: "GOTT ist die Liebe", gewiß, aber ER ist Herr! Göttliche Majestät, und sagt von sich, ICH gebe Meine Ehre keinem andern.

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