Wer von seinem Weg abgeht, weil er vor den Wechsefällen des wirklichen Lebens zurückschreckt, der hat schwachen Glauben oder ein seltsam verschrobenes Gewissen : ihm fehlt Ergebung des Geistes.
Der wahre Christ freut sich an irdischen Dingen, die ihm Freude bereiten; doch so, daß es ihn nicht kümmert, wenn sie entschwinden.
An keinen Segnungen liegt ihm viel, außer an denen, die unsterblich sind; denn er weiß, daß alles das in der kommenden Welt ihm wiedergegeben wird. Aber das Kleinste selbst und Vergänglichste zu verachten, dafür ist er zu religiös; denn er betrachtet es als Gottes Gabe, und so betrachtet, spendet auch das Kleinste und Vergänglichste eine um so reinere und tiefere, wenn auch weniger aufgeregte Freude.
Wenn er sich zu Zeiten etwas versagt, so geschieht es deshalb, damit er Gottes Güte nicht mißbrauche oder damit er nicht durch einen ununterbrochenen Gebrauch vergesse, wie er sich benehmen solle, wenn er es nicht hat....
Nur in diesem Licht sollen wir diese Welt betrachten. Dann werden die Ausblicke auf Trübsal uns nicht verunruhen und die heitern Bilder uns nur prüfen.
Es ist Tapferkeit darin, so geradeswegs voranzugehen und vor keiner Pflicht, klein oder groß, zurückzuschrecken, vom Hohen überzugehen zum Gewöhnlichen, von Freude zu Leid, in fester Lebensrichtung und doch nicht starren Lebensgesetzen.
Lernen wir dem Engel ähnlich zu sein, der mitten in das Elend von Bethesda hinabstieg, ohne daß ein Schimmer seiner himmlischen Reinheit erblichen oder ein Schatten auf sein volles Glück gefallen wäre. Möchten wir Heilkraft ziehen aus trüben Wassern!
Öffnen wir unsern Geist für den Ausblick auf das Leben, wie es ist: ein gewisses Maß von Pein und Trübsal auf unsrer Lebenswanderung zu tragen.
Durch Gottes Gnade wird uns dies fürs Leben bereiten: es wird uns Tiefsinn geben und Gelassenheit, ohne doch unsre Lebensfreudigkeit zu trüben.
Par. and Pl. Serm.I; 25 (1831;1891) 333/4
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