"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."

"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"

(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)

19. Februar 2012

Fastenzeit

Das Wort Fastenzeit, mit dem wir im Deutschen die Tage zwischen Aschermittwoch und Ostern benennen, sagt nur einen kleinen Teil dessen aus, was die Kirche mit dieser Zeit meint. Ursprünglich ist dies die Zeit der Taufspendung, die Zeit der Christwerdung also, die man nicht glaubte in einem kurzen Moment vollziehen zu können, sondern nur als einen Weg der Verwandlung, der „Bekehrung“, den der Mensch Schritt für Schritt zu gehen hat. Wenn man später in diesen Weg die Büßer und schließlich die ganze Kirche mithineinnahm, so drückt sich darin das Bewusstsein aus, dass man diesen Weg nicht mit einem Mal zu Ende gehen kann; er umfasst unser ganzes Leben, muss immer von neuem beschritten werden. So will Fastenzeit dies in unserem Bewusstsein und in unserem Leben gegenwärtig halten, dass Christsein sich nur als immer neues Christwerden vollziehen kann, dass es nie ein abgeschlossen hinter uns liegendes Geschehen ist, sondern immer neue Einübung verlangt.

J. Ratzinger: Die Zeit der vierzig Tage, in: Dogma und Verkündigung, München 1973, 323–330, hier: 323.

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