"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."

"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"

(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)

27. Februar 2013

FRANZ VON SALES TRÖSTET DIE MUTTER DES SELBSTMÖRDERS


Mutter, du klagst, von der Brücke
warf sich dein Sohn in den Tod,
weil ihm der Mächtigen Tücke
Folter und Schändung gedroht?

Zitterst, er warf auch den Glauben,
Gnade und Heil von sich,
da er dem teuflisch tauben
Wüten der Henker entwich,

Bürde vom Nacken geschüttelt,
armer entlaufender Knecht,
frevelnd am Tore gerüttelt,
Gottes ureigenem Recht?

Weine, Mutter, o weine -
von Tränen ein Ozean
löscht nicht, was sie an deinen
Kindern unnennbar getan.

Aber wisse, die Milde,
die dir das Herz zerbricht,
spiegelt im Tautropfenbilde
tilgender Liebe gericht:

Zwischen dem Brückengelände
und der spritzenden Dunkelheit
flutet, Meer ohne Ende,
Gottes Barmherzigkeit!

Zum Gedächtnis von Hermann und Sophie Krieger, die sich mit ihrem Kind Rosmarie am 28. Februar 1943, dem Vorabend ihrer Verschleppung nach Polen, das Leben nahmen.

Ida   Friederike Görres: Der verborgene Schatz, S.59

20. Februar 2013

Benedikt XVI - ein Rückblick von Peter Seewald

Benedikt XVI. hat das Papsttum neu interpretiert und ihm einen starken Ausdruck gegeben: stellvertretend für Christus als der gute Hirte, der Prophet und Ratgeber, der Mahner, der an die unverbrüchlichen Maßstäbe erinnert, der Warner vor der todbringenden Macht des Bösen. Er war der Brückenbauer nicht nur zwischen den Konfessionen und Religionen, zwischen Gläubigen und Ungläubigen, zwischen den Völkern in Ost und West, letztlich zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Himmel und Erde. Er wird in die Geschichte eingehen als einer jener tapferen Päpste, die sich der inneren Reinigung der Kirche gewidmet haben, nicht um ihren Schatz aufzulösen, sondern um ihn zu retten, damit die Welt ihren Anker behält. Nichts kann sich ändern, so seine Maxime, wenn nicht auch die Herzen der Menschen sich verändern. Kirche kann nicht wieder erstarken, wenn nicht der Glaube wieder stark wird. Ihre Stärke ist dabei nicht für sich selbst gedacht, sondern um Salz der Erde, Segen der Menschheit, Licht der Welt zu sein. 

Danke an Peter Seewald. Sein Artikel ist mir echt zu Herzen gegangen.

13. Februar 2013

Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider!

Die Rückkehr zum Herrn ist möglich als „Gnade“, weil sie ein Werk Gottes ist und Frucht unseres Glaubens an seine Barmherzigkeit. 

Aber diese Rückkehr zu Gott wird nur dann zu einer konkreten Wirklichkeit in unserem Leben, wenn die Gnade Gottes in unser Innerstes eindringt, es erschüttert und uns die Kraft gibt die „Herzen zu zerreißen“. Es ist noch einmal der Prophet, der von Gott her diese Worte erklingen lässt: „Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider“ (v.13) 

In der Tat sind auch heute viele bereit, sich die „Kleider zu zerreißen“ angesichts von Skandalen und Ungerechtigkeiten – die natürlich von anderen begangen worden sind – , aber wenige nur scheinen bereit, am eigenen „Herzen“ zu arbeiten, am eigenen Gewissen und an den eigenen Intentionen, und dabei dem Herrn die Wandlung, Erneuerung und Bekehrung zu überlassen. 

Papst Benedikt XVI, 13.2.2013

Danke, Heiliger Vater!



5. Februar 2013

Leben in Ungesichertheit

Das Leben in Gesichertheit hat einen guten und tiefen Sinn, aber es ist falsch, das Leben mit der Gesichertheit gleichzusetzen und sich bloß deshalb, weil man nie das Schicksal der Ungesichertheit erlitten hat, für den wertvolleren, reicheren, lebendigeren Menschen halten. Das ist ein Wahn, den jede unbestechliche Beobachtung der wirklichen Existenz entlarvt. 
 “Das Leben selbst, wenn man es auf sein Wesen hin untersucht, scheint viel eher mit der Ungesichertheit insgeheim im Bunde zu sein als mit der Gesichertheit, und zwar nicht etwa, wie der Mensch aus seiner Alltagssicht so leicht anzunehmen geneigt ist, weil es ihm  aus einer ihm eingeborenen Feindseligkeit heraus sein Glück mißgönnen würde, sondern vielleicht gerade deshalb, weil erst die Ungesichertheit zu einer besonderen Art von Gesichertheit führt, die den Menschen über sich selbst hinausdrängt und ihm damit erst ganz zu sich selbst emporhebt.”

Karl Pfleger: Dialog mit Peter Wust, S. 302