"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."

"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"

(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)

29. Dezember 2013

Ermahnung zu hören

Ein Mann in einem grauen, zu kurzen Anzug, der im Restaurant allein am Tisch sitzt, ruft plötzlich »Psst!« in die dahinplappernde Menge der Gäste, so laut, daß alle, nachdem er dies zwei Mal wiederholt hat, zu seinem Tisch hinblicken und das Stimmengewoge stockt, beinahe versickert und nach einem letzten, kräftigen »Psst!« des Mannes endlich einer Totenstille weicht. Der Mann hebt den Finger und sieht horchend zur Seite und alle anderen horchen mit ihm still zur Seite. Dann schüttelt der Mann den Kopf: nein, es war nichts. Die Gäste rühren sich wieder, sie lachen albern und uzen den Mann, der sie zu hören ermahnte und die gemischteste Gesellschaft in eine einträchtig hörende Schar verwandelt hatte, wenn auch nur für Sekunden.

Botho Strauß

Gebet an die Heilige Familie von Nazaret

Jesus, Maria und Josef,
auf euch, heilige Familie von Nazaret,
richten wir heute unseren Blick
mit Bewunderung und Zuversicht;
in euch betrachten wir
die Schönheit der Gemeinschaft in wahrer Liebe;
euch empfehlen wir alle unsere Familien an,
dass sich in ihnen das Wunder der Gnade erneuert.

Heilige Familie von Nazaret,
faszinierende Schule des Evangeliums:
lehre uns, deine Tugenden nachzuvollziehen
mit einer weisen geistlichen Ordnung,
schenke uns einen klaren Blick,
der uns das Werk der Vorsehung
in der alltäglichen Wirklichkeit
erkennen lässt.

Heilige Familie von Nazaret,
treuer Wahrer des Geheimnisses der Erlösung:
schenke uns neu das Wertschätzen der Stille,
mach unsere Familien zu Orten des Gebetes
und lass sie zu kleinen Hauskirchen werden,
erneuere das Verlangen nach Heiligkeit,
stütze uns in der edlen Anstrengung der Arbeit, in der Erziehung,
dem Zuhören, im gegenseitigen Verstehen und im Verzeihen.

Heilige Familie von Nazaret,
wecke in unserer Gesellschaft das Bewusstsein
des heiligen und unverletzlichen Charakters der Familie,
eines unschätzbaren und unersetzlichen Gutes.
Jede Familie sei ein gastfreundliches Heim der Güte und des Friedens
für die Kinder und für die Alten,
für die Kranken und die Einsamen,
für die Armen und Bedürftigen.

Jesus, Maria und Josef,
euch bitten wir voll Vertrauen, euch vertrauen wir uns mit Freude an.

Papst Franziskus (rv 27.10.2013 ord)

23. Dezember 2013

Die echte Karriere eines Mannes


Die echte Karriere eines Mannes... ist seine Familie. Im Leben hat es der zu etwas gebracht, der es bei sich zu Hause zu etwas gebracht hat. Der einzig wahre und gesunde Ehrgeiz besteht darin, stolz auf seine Familie zu sein. Der Rest, der ganze Rest, Beförderung, Aufstieg, Ruhm, ist nichts als Schaumschlägerei, Flucht nach vorn, Ablenkung vom Wesentlichen.
Yasmina Khadra

22. Dezember 2013

Neuheidentum

Dieses dem Namen nach christliche Europa ist seit rund vierhundert Jahren zur Geburtsstätte eines neuen Heidentums geworden, das im Herzen der Kirche selbst unaufhaltsam wächst und sie von innen her auszuhöhlen droht. Das Erscheinungsbild der Kirche der Neuzeit ist wesentlich davon bestimmt, dass sie auf eine ganz neue Weise Kirche der Heiden geworden ist und noch immer mehr wird: nicht mehr wie einst Kirche aus den Heiden, die zu Christen geworden sind, sondern Kirche von Heiden, die sich noch Christen nennen, aber in Wahrheit zu Heiden wurden. Das Heidentum sitzt heute in der Kirche selbst. Es wird der Kirche auf die Dauer nicht erspart bleiben, Stück um Stück von dem Schein ihrer Deckung mit der Welt abbauen zu müssen und wieder das zu werden, was sie ist: Gemeinschaft der Glaubenden. Tatsächlich wird ihre missionarische Kraft durch solche äußere Verluste nur wachsen können: Nur wenn sie aufhört, eine billige Selbstverständlichkeit zu sein, nur wenn sie anfängt, sich selbst wieder als das darzustellen, was sie ist, wird sie das Ohr der neuen Heiden mit ihrer Botschaft wieder zu erreichen vermögen.
 
(Kardinal Joseph Ratzinger)

14. Dezember 2013

Gehirnamputiert


Wer gegen Frauenquoten argumentiert, weil sie Menschen einzig wegen ihrer Gruppenzugehörigkeit privilegieren, ist ein Frauenfeind; wer meint, es existierten fundamentale Unterschiede biologischer Art zwischen den Geschlechtern, und die Theorie, dies seien nur anerzogene Rollen, für noch erstaunlicheren Unsinn hält als das ptolemäische Weltbild, weil dieses wenigstens dem Augenschein entsprochen habe, ist ein Sexist; wer einer Frau sagt, dass sie schön sei, desgleichen; wer sich gegen die Eheschließung von Homosexuellen ausspricht, weil diese Beziehungen der ehelichen Verbindung zwischen Mann und Frau eben nicht gleichwertig seien, denn es können daraus ohne Hilfe Dritter keine Kinder entstehen, ist homophob; wer darauf hinweist, dass gewisse Ausländergruppen erhebliche soziale und vielen Bewohnern dieses Landes auch handfeste Gesundheitsprobleme bereiten, ist ein Ausländerfeind; wer zu allem Übel noch behauptet, besagte Probleme resultierten nicht nur aus sozialen Ursachen, sondern seien auch ethnisch-kulturell bedingt, ja wer überhaupt meint, dass es andere als soziale Unterschiede zwischen den Menschen gibt, ist ein Rassist; wer obendrein den Verdacht äußert, die Lehre Mohammeds sei gar nicht so friedlich wie z.B. die des Jesus Christus oder des Gautama Buddha, ist ein Islamfeind; wer der Ansicht zuneigt, die Bevölkerungsentwicklung sei unser Schicksal, ist ein Biologist; wer wiederum wähnt, die Deutschen bekämen zu wenige Kinder und man könne nicht einfach die ansässige Bevölkerung in kurzer Zeit durch ethnisch Andersartige austauschen, ohne das gesamte System aufs Spiel zu setzen, ist ein Nationalist; wer an der Vielfalt Europas hängt, die EU für den wüstesten Zentralismus in der Geschichte des Kontinents hält und die Brüsseler Eurokraten für durch nichts und niemandem legitimierte sozialistische Bevormunder, ist ein Europahasser; wer nicht zur Wahl geht, weil ihn bereits der Anblick der Kandidaten bei ausgeschaltetem Ton anwidert, ist ein Antidemokrat; wer aus der multimedial verbreiteten deutschen Verbrechenskunde aussteigen und wieder Universalgeschichte treiben bzw. lehren möchte, ist ein Geschichtsrevisionist; wer die sogenannte moderne Kunst im Normalfall für eine Veranstaltung unbegabter Künstler, aber talentierter Gauner hält, ist ein Antimodernist; wer zwischen den verschiedenen Kulturen eine Rangordnung statuiert und nicht daran glauben mag, dass die Welteinheitskultur ein erstrebenswertes Ziel sei, ist ein Reaktionär; wer wiederum Europa als kulturelles Maß aller Dinge verteidigen will, ist ein ca. Faschist; wer mit Menschen, die weder einen ungefähren Überblick über die vergangenen 3000 Jahre Geschichte besitzen noch Gedichte auswendig wissen, gar nicht erst reden mag, ist elitär ..– diese Kriterien mögen einstweilen genügen, um einen kultivierten, angenehmen, zum Gespräch einladenden Menschen zu beschreiben. 


Katholische Soziallehre und Wirtschaftsordnung

Will man die Aussagen von Papst Franziskus zum „Kapitalismus“ richtig verstehen, dann ist dies nur im Kontext der gesamten Sozialverkündigung der Kirche möglich. Welche Aussagen dabei im Einzelnen zu berücksichtigen sind, habe ich in dem Beitrag „Katholische Soziallehre und Wirtschaftsordnung. Markt und Moral in den Sozialenzykliken“ in der soeben erschienenen Internet-Ausgabe des „Lexikon Soziale Marktwirtschaft“ dargelegt, der hier abzurufen ist:  LINK