Dieses
dem Namen nach christliche Europa ist seit rund vierhundert Jahren
zur Geburtsstätte eines neuen Heidentums geworden, das im Herzen
der Kirche selbst unaufhaltsam wächst und sie von innen her
auszuhöhlen droht. Das Erscheinungsbild
der
Kirche der Neuzeit ist wesentlich davon bestimmt, dass sie auf eine
ganz neue Weise Kirche der Heiden geworden ist und noch immer mehr
wird: nicht mehr wie einst Kirche aus den Heiden, die zu Christen
geworden sind, sondern Kirche von Heiden, die sich noch Christen
nennen, aber in Wahrheit zu Heiden wurden. Das Heidentum sitzt heute
in der Kirche selbst. Es wird der Kirche auf die Dauer nicht erspart
bleiben, Stück um Stück von dem Schein ihrer Deckung mit der Welt
abbauen zu müssen und wieder das zu werden, was sie ist:
Gemeinschaft der Glaubenden. Tatsächlich wird ihre missionarische
Kraft durch solche äußere Verluste nur wachsen können: Nur wenn
sie aufhört, eine billige Selbstverständlichkeit zu sein, nur wenn
sie anfängt, sich selbst wieder als das darzustellen, was sie ist,
wird sie das Ohr der neuen Heiden mit ihrer Botschaft wieder zu
erreichen vermögen.
(Kardinal
Joseph Ratzinger)
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