"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."

"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"

(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)

31. Mai 2011

Sünde, Gerechtigkeit und Gericht




27. Als Jesus während der Abschiedsrede im Abendmahlssaal das Kommen des Heiligen Geistes um den »Preis« seines Fortgehens ankündigt und verspricht: »Wenn ich fortgehe, werde ich ihn zu euch senden«, fügt er im gleichen Zusammenhang hinzu: »Und wenn er kommt, wird er die Welt überführen (und aufdecken), was Sünde, Gerechtigkeit und Gericht ist«. Derselbe Beistand und Geist der Wahrheit, der versprochen ist als derjenige, der »lehren« und »erinnern«, der »Zeugnis ablegen« und »in die ganze Wahrheit einführen wird«, wird mit den soeben zitierten Worten angekündigt als jener, der »die Welt überführen (und aufdecken) wird, was Sünde, Gerechtigkeit und Gericht ist«. Bedeutungsvoll erscheint auch der Kontext. Jesus verbindet diese Ankündigung des Heiligen Geistes mit den Worten, die auf sein »Fortgehen« durch das Kreuz hinweisen, und unterstreicht sogar dessen Notwendigkeit: »Es ist gut für euch, daß ich fortgehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen«.
Noch wichtiger aber ist die Erklärung, die Jesus selbst zu diesen drei Worten - Sünde, Gerechtigkeit, Gericht - hinzufügt. Denn er sagt: »Er wird die Welt überführen (und aufdecken), was Sünde, Gerechtigkeit und Gericht ist; Sünde, daß sie nicht an mich glauben; Gerechtigkeit, daß ich zum Vater gehe und ihr mich nicht mehr seht; Gericht, daß der Herrscher dieser Welt gerichtet ist«. Sünde, Gerechtigkeit und Gericht haben im Denken Jesu einen sehr bestimmten Sinn, der sich von dem unterscheidet, den einer vielleicht diesen Worten geben möchte, unabhängig von der Erklärung dessen, der hier spricht. Diese Erklärung weist auch darauf hin, wie jenes »die Welt überführen« verstanden werden soll, welches der Heilige Geist bewirkt. Hier ist sowohl die Bedeutung der einzelnen Worte wie auch die Tatsache wichtig, daß Jesus sie miteinander im selben Satz verbunden hat.
»Sünde« bezeichnet an dieser Stelle den Unglauben, den Jesus inmitten der »Seinen« angetroffen hat, angefangen von seinen Mitbürgern in Nazaret. Sie bedeutet die Ablehnung seiner Sendung, die die Menschen dazu führt, ihn zum Tod zu verurteilen. Wenn Jesus anschließend von »Gerechtigkeit« spricht, scheint er jene endgültige Gerechtigkeit vor Augen zu haben, die der Vater ihm zuteil werden läßt, wenn er ihn mit der Herrlichkeit der Auferstehung und der Himmelfahrt bekleidet: »Ich gehe zum Vater«. Im Zusammenhang der so verstandenen »Sünde« und »Gerechtigkeit« bedeutet »Gericht« sodann, daß der Geist der Wahrheit die Schuld der »Welt« an der Verurteilung Jesu zum Tod am Kreuz aufzeigen wird. Doch ist Christus nicht nur in die Welt gekommen, um sie zu richten und zu verurteilen: Er ist gekommen, um sie zu retten. Die Welt der Sünde und der Gerechtigkeit zu überführen, hat ihre Rettung zum Ziel, das Heil der Menschen. Genau diese Wahrheit scheint durch die Feststellung betont zu werden, daß das »Gericht« nur den »Herrscher dieser Welt«, das heißt Satan, betrifft, der von Anfang an das Werk der Schöpfung gegen das Heil, gegen den Bund und die Einheit des Menschen mit Gott mißbraucht: Er ist von Anfang an »schon gerichtet«. Wenn der Geist, der Beistand, die Welt gerade dem Gericht überführen soll, so geschieht dies, um das Heilswerk Christi fortzusetzen.
28. Wir wollen hier unsere Aufmerksamkeit hauptsächlich auf diese Sendung des Heiligen Geistes richten, die die »Welt der Sünde überführen« soll, dabei aber zugleich auf den allgemeinen Kontext der Worte Jesu beim Abendmahl achten. Der Heilige Geist, der vom Sohn das Werk der Erlösung der Welt übernimmt, übernimmt eben damit die Aufgabe, »der Sünde zu überführen«, um zu heilen. Dieses Überführen steht in ständiger Beziehung zur »Gerechtigkeit«, das heißt zum endgültigen Heil in Gott, zur Vollendung der Heilsökonomie, deren Mitte der gekreuzigte und verherrlichte Christus ist. Diese Heilsökonomie Gottes entzieht den Menschen gewissermaßen dem »Gericht«, der Verdammung, von der die Sünde Satans, des »Herrschers dieser Welt«, betroffen ist, der aufgrund seiner Sünde »Beherrscher dieser finsteren Welt« geworden ist. Durch einen solchen Bezug zum »Gericht« eröffnet sich ein weiter Horizont für das Verständnis von »Sünde« und auch von »Gerechtigkeit«. Indem der Heilige Geist vor dem Hintergrund des Kreuzes Christi die Sünde in der Heilsökonomie (sozusagen »die erlöste Sünde«) aufzeigt, läßt er uns zugleich verstehen, wie es auch zu seiner Sendung gehört, jener Sünde zu »überführen«, die schon endgültig verurteilt ist (»die verurteilte Sünde«).

1 Kommentar:

  1. "Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet. Von den Tatsachen, die ihnen missfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer."

    Gustave Le Bon (Psychologie der Massen)

    Unverzichtbares Qualitätsmerkmal für die ganze Wahrheit in einer a priori verlogenen Welt ist, dass sie nicht erfahren werden will, denn die größte Angst ist die vor der Erkenntnis, bisher in einer Scheinwelt (Cargo-Kult) gelebt zu haben. Das gilt insbesondere für alle "Planer, Lenker und Leiter", die ihre planwirtschaftlichen Wunsch- oder Wahnvorstellungen an ein ebenso naives Publikum verkaufen müssen und sich darum noch nie auf wissenschaftlicher Grundlage mit der Zukunft beschäftigen konnten:

    "Die Zukunft vorherzusagen, ist unmöglich, und alle derartigen Versuche wirken - wenn sie ins Detail gehen - schon wenige Jahre später lächerlich. Dieses Buch hat ein realistischeres, zugleich aber auch anspruchsvolleres Ziel. Es versucht nicht, die Zukunft zu beschreiben, sondern die Grenzen abzustecken, innerhalb derer mögliche Zukunftsentwicklungen liegen müssen."

    Arthur C. Clarke (Profile der Zukunft)

    Kein "berufsmäßiger Wichtigtuer" hat aus dem Standardwerk der Futuristik etwas gelernt. Die ganze Wahrheit bleibt strikt denen vorbehalten, die nach ihr suchen, ohne sich damit "wichtig" machen zu wollen, denn vor der Zukunft liegt eine Grenze, welche vorgegeben wird von der Zinsumverteilung, die sich im globalen Maßstab zuletzt durch den 2. Weltkrieg entladen hat. Der 3. Weltkrieg wäre in den 1980er Jahren fällig gewesen und wurde nur durch die atomare Abschreckung bis in die Gegenwart verhindert. Auf der anderen Seite ist durch das Ausbleiben dieser überfälligen Sachkapitalzerstörung die "Zinsfeder" heute bis zum Zerreißen gespannt, sodass genau drei mögliche Szenarien unmittelbar bevorstehen:

    Das Ende mit Schrecken (finaler Atomkrieg)
    Der Schrecken ohne Ende (globale Liquiditätsfalle)
    Die Natürliche Wirtschaftsordnung (echte Soziale Marktwirtschaft)

    "Genau drei Möglichkeiten" heißt: eine vierte gibt es nicht. Über die erste Möglichkeit gibt es nichts zu sagen, die zweite ist das Lieblingsthema aller Crash-Phantasten und die dritte ist wahrscheinlich. Der Crash-Phantast, der "zur Sicherheit" noch ein paar Goldklötzchen bunkert, weiß nicht, was es bedeutet, wenn in einer globalisierten Zinsgeld-Ökonomie mit über 6.500.000.000 Menschen der Geldkreislauf - und damit die Arbeitsteilung - mitgekoppelt zusammenbricht. Die Heilige Schrift bezeichnet dieses Ereignis als Armageddon.

    Für die dritte Möglichkeit muss ein elementarer Erkenntnisprozesses durchlaufen werden, dessen am Ende über die Maßen bewusstseinserweiternde, aber anfangs ebenso Angst einflößende Wirkung vorab erahnen kann, wer die phantastischen Bilder kennt, mit denen Stanley Kubrick im Schlusskapitel von "2001" die Auferstehung des Kulturmenschen dargestellt hat - und bitte bedenken Sie das Vorwort von Arthur C. Clarke:

    "...this is only a work of fiction. The truth, as always, will be far stranger."

    Herzlich Willkommen im 21. Jahrhundert:

    http://www.deweles.de/willkommen.html

    AntwortenLöschen