"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."

"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"

(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)

30. Januar 2016

GOTTES Worte in uns hören

Dürer: Hand auf der Bibel, 1506
Es dreht sich nicht um das Quantitative, um die Ausmaße, es dreht sich um das Intensive. Es gibt ein ewiges Hinneigen in den Ursprung des Menschen, wo er aus GOTT kommt. Dieser Zug ist immer da und das Tiefste in der Seele ist ohne diesen Zug zu GOTT nicht denkbar, so wie die Pflanze nicht denkbar ist, ohne daß sie sich am Morgen nach der Sonne hinneigt. Dieser Zug verlöscht nimmer, nicht einmal in der Hölle, und das ist ja die Pein der Verdammten; das in uns hineingelegte Suchen und das Weh in uns nach GOTT! Hast du dieses Suchen, dieses Weh in dir, fragt Tauler.

Darum geht von außen nach innen! Das ist die große Versuchung der Gegenwart, daß wir immerdar von innen nach außen gedrängt werden, dazu drängt uns unsere ganze Technik, alles, und so leben wir mehr oder minder unbewußt und bewußtlos. Wir leben ja vielfach nicht mehr, wir werden gelebt. Und dabei wäre nur darauf zu achten, ob ich GOTT höre und dann bin ich aus GOTT, so, daß die Seele innerlich berührt wird und den Sinn auffaßt. 


Daher ja unsere namenlose Ratlosigkeit heute! Man könnte doch über unsere ganze Zeit eines schreiben: (Angefangen von der Politik bis in den einzelnen Menschen hinein) Ratlosigkeit! Weil wir die Quelle verstopft haben.


Der Inder mit seiner Flöte (aus "Indien, meine Heimat"), das könnten wir von ihm lernen: Das Konzentrieren. "Wenn das alles weg ist, diese Furcht und diese Beziehung nach außen, dann rührt dich kein Tier mehr an." So tief in GOTT versunken sein und darum waren sie so sehr Mensch. Lassen wir doch alles, was klein ist und werden wir doch einmal ganz Johannes-Christen im besten Sinne des Wortes. Was nützt alles, unser Beten, die tägliche heilige Kommunion, wenn ER nicht in so eine Seele hinuntersinkt. Da dreht es sich nicht um eine Nahrung, die ich mit Kalorien messen kann, sondern um Vereinigung mit GOTT!


Wer aus GOTT ist, der hört GOTT und das ist eben: Zutritt haben in diese Seelensphäre, die Eckehart und Tauler das Gemüt nennen. - Und da wirklich beten, aber nicht zusammenzählen, sondern nahe bei GOTT sein! Warum beten wir nicht aus der tiefsten Seele heraus? Aus meiner innersten Seele heraus! "Schweig, fliehe zu GOTT und bleib in dir und lauf nicht immer aus dir heraus"! (Tauler) Das ist unbedingt notwendig, wenn wir wirklich wollen GOTTES Worte in uns hören.


VB

25. Januar 2016

Uraxiom der Vollkommenheit

Uraxiom der Vollkommenheit ist immer: Der Akt darf nicht gegen die Klugheit sein. Wenn der Akt unklug ist, ist er nicht vollkommen und wenn es sich zehnmal so ausnimmt, daß es gegen die Nächstenliebe sei. Ich darf nicht überfordert werden. Ein reifer Mensch muß sich immer eines sagen, alle Tätigkeit ist an die Klugheit zu binden.



VB

24. Januar 2016

GOTTES Interesse an mir

Rembradt: Auferweckung des Lazarus
Über nichts wundere ich mich so sehr, als darüber, daß GOTT uns liebt. Die Allmacht macht nicht so erstaunen. Wenn es das gibt, was GOTT ist, dann ist ER allmächtig. Das ist die Hoheit der Majestät GOTTES. - Daß ER allmächtig, majestätisch, der Schöpfer Himmels und der Erde ist, der alles trägt und alles erhält, daß ich GOTT näher bin als meine Seele mir nahe ist, das sind Wahrheiten, die sind hoch und heilig, die höchsten, was ein Menschenherz denken kann, aber sie sind nicht so merkwürdig, wie das, daß GOTT mich liebt. - Die Liebe verwechselt man immer. Man meint, das ist die Liebe des Schöpfers zum Geschöpf. Selbstverständlich liebt der Schöpfer Sein Geschöpf, weil ER alles liebt, was ER gemacht hat, genau so, wie wir an dem hängen, was wir geschaffen haben und wie es uns unendlich schwer ist, wenn uns etwas aus den Händen gerissen und zerschlagen wird, was wir gemacht haben. Das ist die Liebe der Vorsehung.

Aber die Liebe des Heilandes ist etwas ganz anderes. Daß es uns aufgehen möge! Und erst, wenn uns das aufgegangen ist, wird uns aufgehen, was heilige Kommunion als Sakrament der Liebe, was in dieser Memoria Passionis eigentlich gemeint ist. Die Liebe zum leidenden Heiland. ER liebt mich - nicht in gnädiger Herablassung, nein! ER liebt mich, weil ER ein Interesse an mir hat. Ich kann ohne Ihn gar nicht sein. Und offenbar kann ER ohne mich auch nicht sein. Es wird damit zum ersten Mal überhaupt jedes GOTT-Mensch-Verhältnis auf den Kopf gestellt. Mensch und GOTT stellen sich hier auf eine Ebene, die Ebene der Liebe. - Und das ist etwas ganz anderes als Schöpfer-Geschöpf-Verhältnis, als GOTT-Mensch-Verhältnis.

21. Januar 2016

Massenmensch

Der moderne Mensch ist in geistiger Hinsicht und damit in wahrem Sinn unfrei als der typische "Massenmensch", gebunden an ein Ideal, wie das nun heißen mag, vom totalitären Staat als Moloch bis zur modernen Kultur- und Lebenshaltung, vermaßt, der geborene und dazu erzogene "normierte Menschentyp"‚ der frei sein will, und diese Freiheit gegen die ideelle Tyrannei jeglicher Staatsform gleichsam verteidigt und sie, ohne sich dessen bewußt zu sein, verloren hat.
 
P. Albert Auer OSB



20. Januar 2016

ABC des Christseins- P. Albert Auer OSB

      Das, was uns gefehlt hat, was jetzt in die Kirche hineinkommt, ist die Nähe Christi, das Christuserlebnis, der Mut, tatsächlich durch alle Formen durchzustoßen und die Nähe Christi als Urerlebnis zu erfahren. Und so muß ich auch meinen Glauben tätigen. Das ist das Geheimnis, das die Heiligen hatten, und wir haben niemals die richtige Konsequenz daraus gezogen: Immer im lebendigen Kontakt mit Christus zu bleiben.

      Das Zentrum des Christentums und was das Christentum zum Christentum macht und warum die einen so natürlich Christen sind und die anderen nicht, ist die Hingeworfenheit an GOTT.


      Daß die GOTTESliebe für mich ein Gebot ist, kommt uns nicht in den Sinn und wem es kommt, so sind es die ganz schlichten Leute, die sich auch nicht etwas einbilden und das Wort GOTTES so nehmen, wie es liegt und steht und darnach ihren Weg gehen.

      Daß GOTT majestätisch, allmächtig, der Schöpfer Himmels und der Erde ist, der alles trägt und alles erhält, daß ich GOTT näher bin als meine Seele mir nahe ist, das sind Wahrheiten, die sind hoch und heilig, die höchsten, was ein Menschenherz denken kann, aber sie sind nicht so merkwürdig wie das, daß GOTT mich liebt.

19. Januar 2016

Christliche Existenz - P. Albert Auer OSB

Das ist das Schöne, daß man nur von der einen Hand GOTTES in die andere fallen kann.

Das ist der Fehler, daß man in einer Welt, die so anders ist, nicht den Mut hat, ganz man selbst zu sein.


Die Ekkehart'sche Frage: Wenn GOTT nicht will, daß du vollkommen seiest, was willst du es dann? So trag es doch!

Die neue Existenz, das wahrhafte Christsein, das ist dann die vollkommene Liebe, dieses Einssein, nicht IN GOTT, sondern MIT GOTT.

Kreuzandacht

Das eigentlich will die volle Andacht des heiligen Kreuzes, daß in uns zum Bewußtsein kommt, wie im Kreuz nicht nur die Erlösung vollzogen wird von der Sünde, sondern, wie im Kreuz die Sünde verzehrt und verbrannt wird in dieser heißen, lodernden Liebe, und daß überhaupt keine Rede mehr ist von GOTTES Zorn, sondern nur mehr von GOTTES Liebe.


P. Albert Auer OSB

12. Januar 2016

Absolutes GOTTvertrauen

 
 
Es ist eine fast unglaubliche Geschichte. Der Kapuziner Pater Pietro Lavini 

baute von 1971 bis 2003 völlig allein in einer unwirtlichen Gebirgsgegend des Apennin, an einem Platz, der nur über einen dreistündigen Fußweg erreichbar ist, ein verfallenes Kloster wieder auf. Wie kam er dazu?

7. Januar 2016

René Girard: GEWALT UND GEGENSEITIGKEIT

1923-2015
Um die gegenwärtige Geschichte zu verstehen, müssen wir zuerst ebenso in unser Inneres schauen, wie wir unsere Umgebung beobachten. Unsere Welt ist in allen Bereichen auf den Wettbewerb, auf fieberhaften Ehrgeiz ausgerichtet. Jeden von uns beeinflußt dieser Geist, der an sich nichts Schlechtes hat. Der Wettbewerbsgeist, der bei den Beziehungen innerhalb der herrschenden Klassen seit langem überwiegt, hat sich in der gesamten Gesellschaft verbreitet, und in unseren Tagen triumphiert er mehr oder weniger offen in der ganzen Welt. In den westlichen Nationen und vor allem in den Vereinigten Staaten belebt er nicht nur das Wirtschaftsleben und das Finanzsystem,sondern auch die Forschung und das Geistesleben. Trotz der Spannung und Unruhe, die er überall herrschen läßt, schätzen sich die Menschen des Westens im großen und ganzen glücklich, daß sie sich zu ihm bekannt haben, denn er wirkt sich sehr positiv aus, was zuallererst für den beispiellosen Reichtum eines bedeutenden Teils der Bevölkerung gilt. Niemand oder fast niemand denkt mehr daran, auf ihn zu verzichten, denn er ermöglicht es, von einer Zukunft zu träumen, die noch glanzvoller und erfolgreicher als die unmittelbare Vergangenheit sein wird. Unsere Welt erscheint uns als die erstrebenswerteste aller Zeiten, vor allem, wenn wir sie mit jenen Weltregionen vergleichen, die nicht denselben Aufschwung erleben.

Dennoch gibt es in der gegenwärtigen Situation etwas Negatives und Furchterregendes, und das empfinden selbst diejenigen, die den größten Nutzen aus ihr ziehen: Es geht um die vorwiegend untergründige, jedoch unzweifelhafte Faszination, die "das westliche Modell" auf die Massen der Elenden in der Dritten Welt ausübt. Die meisten souveränen Staaten sind zu weit zurückgeblieben, als daß sie sich wirksam am internationalen Wettbewerb beteiligen könnten.


Beide Seiten führen urväterliche Traditionen an, wenn sie Erscheinungen erklären wollen, die im Gegenteil und ganz offensichtlich vom Verlust dieser Traditionen bewirkt werden, und für diesen Verlust hat sich bisher nicht der geringste Ausgleich gefunden. Der Haß auf den Westen und auf alles, was er darstellt, beruht nicht darauf, daß sein Geist jenen Völkern wirklich fremd ist und daß sie sich tatsächlich gegen den "Fortschritt" wehren, den hingegen wir verkörpern würden, sondern darauf, daß ihnen der Wettbewerbsgeist ebenso vertraut wie uns selbst ist. Sie wenden sich gar nicht wahrhaftig vom Westen ab, sie können es sich nicht versagen, ihn nachzuahmen, seine Werte zu übernehmen, ohne es sich selber einzugestehen, und ebenso wie wir werden sie von der Ideologie des persönlichen oder gemeinschaftlichen Erfolgs angestachelt.


Diese auf der Rivalität beruhende Konzeption, die unser Vorbild der ganzen Welt aufzwingt, kann uns nicht zu Siegern machen, ohne daß sie anderswo zu unzähligen Besiegten, unzähligen Opfern führt. Deshalb darf man sich nicht wundern, wenn diese Ideologie in der Dritten Welt völlig andere Reaktionen als bei den Siegern hervorruft. Vor allem weckt sie das inbrünstige Verlangen, ein für allemal jene Kraft zu vernichten, die an der persönlichen und nationalen Niederlage schuld ist, jene gewaltige Konkurrenzmaschine, zu der sich die Vereinigten Staaten, unmittelbar gefolgt vom gesamten übrigen Westen, entwickelt haben.
Die Menschen unterliegen der ansteckenden Wirkung der Gewalt, die oft zu Rachezyklen führt, zu einer Kettenreaktion von Gewalttaten, die einander alle ganz offensichtlich gleichen, weil sie sich gegenseitig nachahmen. Darum sage ich: Das wahre Geheimnis der Konflikte und Gewalttaten besteht in der begehrenden Nachahmung, dem mimetischen Begehren und den von ihm heraufbeschworenen erbitterten Rivalitäten.
Selbst wenn man anerkennt, daß die mimetische Rivalität zahlreiche Konflikte verursacht, kann man glauben, daß es andere konfliktträchtige Beziehungen gibt, denen das Begehren fehlt, und daß ich seine Rolle übertreibe, indem ich aus ihm die Hauptursache der menschlichen Konflikte mache. Man meint, ich verfalle den leichtfertigen Freuden des "Reduktionismus".


Es gibt viele - kleine und große - Konflikte, die anscheinend nichts mit dem Mimetismus und seinen Rivalitäten zu tun haben, denn in ihnen spielt das Begehren keine Rolle. Auch die am wenigsten leidenschaftlichen zwischenmenschlichen Beziehungen können von Gewalt geprägt werden. Wie ließen sich mit der von mir dargelegten Konzeption, der mimetischen Konzeption, solche Konflikte erklären, die offenbar zwischen Personen ausbrechen und sich beunruhigend schnell verschärfen, die kein gemeinsames Begehren trennt oder zusammenführt?


Nehmen wir, um auf diesen Einwand zu antworten, ein möglichst banales Beispiel: Sie strecken mir die Hand entgegen, und dafür halten ich Ihnen meine hin. Gemeinsam vollziehen wir den harmlosen Ritus des Händedrucks. Die Höflichkeit gebietet, daß ich Ihnen die Hand reiche, wenn Sie mir die Ihre hinhalten. Wie reagieren Sie, falls ich es aus irgendeinem Grund ablehne, an dem Ritus teilzunehmen, und mich weigere, Sie nachzuahmen? Sofort ziehen Sie die Hand zurück. Mir bezeigen Sie eine Distanz, die der von mir bekundeten wenigstens gleichkommt und sie wahrscheinlich noch etwas übertrifft.
Nichts ist normaler und natürlicher als diese Reaktion, meinen wir, und trotzdem entdeckt man ihr paradoxes Wesen, sobald man nur ein wenig nachdenkt. Wenn ich den Händedruck verweigere, wenn ich es im Grunde genommen ablehne, Sie nachzuahmen, so ahmen Sie mich nach, indem Sie meine Weigerung nachvollziehen und nachgestalten.


Die Nachahmung, die eine Übereinstimmung konkretisiert, erscheint sonderbarerweise wieder, um die Nichtübereinstimmung zu bestätigen und zu verstärken. Anders ausgedrückt: Die Nachahmung setzt sich aufs neue durch, und daran erkennt man klar, wie die doppelte Nachahmung alle zwischenmenschlichen Beziehungen streng und unerbittlich strukturiert.


In dem von mir dargestellten Fall wird der Nachahmer zum Modell und das Modell zum Nachahmer, und die Nachahmung entsteht von neuem aus den Bemühungen, sie abzulehnen. Kurz gesagt: Wenn der eine Partner den Staffelstab des Mimetismus fallen läßt, hebt ihn der andere auf, und zwar nicht, um die sich schon lösende Bindung zu erneuern, sondern um den Bruch zu vollenden, indem er ihn mimetisch verdoppelt. ...

Der menschliche Konflikt definiert sich nicht durch den Verlust der Gegenseitigkeit, sondern durch die zuerst unmerkliche und dann immer schnellere Verschiebung von der guten zur schlechten Gegenseitigkeit. Man nimmt diese Verschiebung kaum wahr, doch die geringste Unachtsamkeit, die kleinste Vergeßlichkeit können unsere Beziehungen dauerhaft beeinträchtigen. Die umgekehrte Bewegung von der schlechten zur guten Gegenseitigkeit verlangt hingegen große Aufmerksamkeit und Selbstverleugnung. Sie ist nicht immer möglich.


Beobachtern entgeht meistens die allgemeine doppelte Nachahmung. Die einzigen unter uns, die sich dessen im Alltagsleben bewußt werden, sind bestimmte "psychisch" gestörte Persönlichkeiten, die unter einer "beginnenden Psychose" leiden, wie Doktor Henri Grivois es nennt. Diese Leute, oft sind es Jugendliche, haben das Gefühl, ständig nachgeahmt zu werden, und manchmal empfinden sie sich auch als Nachahmer. Daß die meisten von uns nichts dergleichen bemerken und daß wir es auch nicht bemerken dürfen, um normal zu bleiben, ist ebenfalls sehr bedeutsam und sollte unsere Auffassungen vom Banalen und Originellen, vom Normalen und Anormalen ein wenig modifizieren. Das mechanische, unauffällige Wesen des Mimetismus in den normalsten Beziehungen bewirkt, daß diese Kranken, vor allem Leute, die verunsichert sind, weil man sie plötzlich aus ihrer gewohnten Umwelt gerissen hat, sich als Gegenstand allgemeiner mimetischer Aufmerksamkeit ansehen; sie halten sich also für den Mittelpunkt der Welt. Henri Grivois nennt das Zentralität. Wenn man psychisch normal bleiben will, ist es besser, sich wie alle zu verhalten und für die allgemeine Nachahmung blind zu sein.


Die doppelte Nachahmung ist folglich allgegenwärtig. Selbst in ihrer mechanischsten Form kann sie den gleichen Konflikttypus wie die auf dem mimetischen Begehren beruhende Rivalität hervorbringen. Durch eine unaufhörliche Folge von kleinen symmetrischen Abgrenzungen, von unmerklichen Komplikationen, die nur überwunden werden, um aufs neue zu entstehen, wird die Eintracht zu Zwietracht. Hauptursache ist die Tendenz, die vermeintliche Feindseligkeit des anderen zu überkompensieren und sie dabei weiter zu verstärken. Personen, die soeben noch Höflichkeiten austauschten, sind nun dabei, perfide Andeutungen auszutauschen. Bald werden sie Beleidigungen austauschen, dann Drohungen und sogar Faustschläge oder Revolverschüsse, und das alles, wie ich wiederholen möchte, ohne daß die Gegenseitigkeit beeinträchtigt wird.
Wenn die Gegner schließlich einander umbringen, so geschieht das in der Absicht, sich von der schlechten Gegenseitigkeit zu befreien, diesem unausrottbaren Unkraut, das nun in Form einer zyklischen, endlosen Rache erscheint. Die Rache kann sich über Generationen hinweg erhalten und über die ganze Welt ausbreiten. Sie überschreitet Raum und Zeit. Man braucht sich nicht zu wundern, wenn die archaischen Völker sie für heilig halten.


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Straftaten und nicht natürliche Todesfälle in Asylunterkünften – Offizielle Übersicht

Antwort des Innenministeriums auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Uwe Wurlitzer, AfD-Fraktion Drs. -Nr. : 6/3329

Zur Information

6. Januar 2016

Epiphanie

"Plötzlich wird kommen zu seinem Tempel der Herrscher, den ihr herbeisehnt, der Bote des Bundes, nach dem ihr verlangt. - Siehe, er kommt!", - spricht der Herr der Heerscharen. "Doch wer kann den Tag seiner Ankunft ertragen? Wer besteht bei seinem Erscheinen? Denn er ist wie das Feuer des Schmelzers, wie die Lauge der Walker. Er setzt sich, um das Silber zu schmelzen und zu reinigen. Er reinigt die Söhne Levis. Wie Gold und Silber läutert er sie, daß sie darbringen rechte Opfer dem Herrn. Dann wird den Herrn wieder freuen das Opfer Judas und Jerusalems wie in den Tagen der Vorzeit, wie in den früheren Jahren. Ich komme zu euch zum Gericht. 
Mal 3, 1-5

5. Januar 2016

Leiden als Lebenswert bejahen

Das Leiden gehört zum Leben, die Betrachtung des Leidens zur Ansicht über das Leben. Wie ich zum Leben stehe, das bedingt meine Leidensschau.

„Alles Leben ist Leiden“, sagt Schopenhauer, und ähnlich könnte Meister Eckehard gesprochen haben. Carl Jaspers hat recht, wenn er in seiner „Psychologie der Weltanschauungen“ das Leiden in den im Leben enthaltenen Grenzsituationen begründet sieht. Sie sind ja mit dem Menschenleben von selbst gegeben. Der Mensch stößt an sie. Er kann über sie nicht mehr hinaus und kann bloß daran vorbeikommen, sie lösen oder daran zerbrechen. Sie sind da, ohne daß der Mensch sie auf die Dauer unreflektiert, grundsätzlich damit einverstanden, hinnehmen könnte. Er muß sie lösen oder daran scheiten.

Dies macht den Menschen immer wieder darauf aufmerksam, daß er, wie sich Jaspers ausdrückt, den antinomischen Charakter der Welt und des Lebens voraussetzen muß, das heißt, er muß voraussetzen, daß mit allem Streben, Wollen, Leben, Elemente verbunden sind, die er nicht will. „Was ist das Leben?“, fragt Trude im Erziehungsroman des gleichen Namens. Es wird zur Antwort gegegben: „ … daß Mächte über den Menschen kommen, die er nicht will.“ So ist es. Es handelt sich also darum, ob der Mensch in den Antinomien stecken bleibt, oder ob er sie überwinden, zu Klarheit und Sicherheit durchstoßen, zur Lösung kommen kann. 


Jaspers ist der Ansicht: Wenn der Mensch meint, er könne sie lösen, dann beträfe das immer nur flache Widersprüche, die eben keine letzten Antinomien gewesen seien, aber die wahren blieben immer als unvereinbare Elemente. Das ist gerade die Antinomie: Ein letzter Gegensatz im Dasein, durch den die Existenz entzweit und getragen wird, derart, daß alles im einzelnen nur dann besteht, wenn diese gegensätzlichen Elemente zusammen sind. So hat aber Leben immer das Leiden in sich.


Es fragt sich nun, wie die Menschen auf die Antinomien reagieren. In der Natur de Sache liegt es, daß die auf dreierlei Weise geschehen kann: Die einen zerbrechen daran, die anderen flüchten davor und gehen Umwege, die dritten werden am Leiden groß. Ein vollsittliches Verhalten strebt immer danach, das Leiden als einen Lebenswert zu bejahen, es zu wagen und daran seine Kraft zu erproben.



P. Albert Auer: Leidenstheologie des Mittelalters, S. 9