In biblischer Sicht ist der Mensch kein isoliertes und autonomes Wesen, sondern ist seiner Natur nach Mitglied einer Gemeinschaft. Er gehört zur Gemeinschaft des Bundes, zum Volk Gottes. Dieses wird im Neuen Testament auch als der Leib Christi verstanden (1 Kor, Eph; Kol), zu dem die Einzelnen als Glieder gehören, oder als der Weinstock, dem die Einzelnen als Reben eingefügt sind (Joh 15).
Aus dieser grundlegenden Situation folgt, dass das Ziel des menschlichen Bemühens nicht die Ausbildung der in sich selber stehenden und in sich vollkommenen Persönlichkeit ist, sondern diejenige des Gliedes einer Gemeinschaft, das die Beziehungen, die wesentlich zu ihm gehören, in vollkommener Weise lebt.
Ebenfalls folgt daraus, dass die Normen des Zusammenlebens nicht souverän und autonom vom einzelnen Mitglied festgelegt werden können, sondern das gemeinsame Gut der Gemeinschaft sind und von dieser gehütet und entwickelt werden. Das hebt nicht auf, dass der einzelne nach seinem Gewissen handeln soll und dafür verantwortlich ist. Sondern gerade in seinem Gewissen muss er sich der eben beschriebenen Situation bewusst sein und nach ihr seine Handlungen ausrichten und ein willkürliches Handeln vermeiden.
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