Wer
– wie ... Jean Paul Sartre – konsequent leugnet, daß der Mensch
creatura
sei und daß es also überhaupt so etwas gebe wie eine aller eigenen
Entscheidung vorausliegende menschliche Natur, der handelt sich dafür
eine Bindungslosigkeit ein, welcher zwar, wenngleich natürlich nur
vermeintlicherweise, das ganze Feld der Windrose von
dreihundertsechzig Grad frei verfügbar ist, die aber zugleich
gänzliche Orientierungslosigkeit ist – weil sich dem Menschen
folgerichtig »keine Möglichkeit (zeigt), sich auf etwas zu stützen,
weder auf etwas in sich selbst noch außerhalb seiner selbst«: »es
gibt keine Zeichen in der Welt«.Es ist dies genau jene berühmte Art
von Freiheit, zu der man nicht berufen, sondern »verurteilt« wird
und die schon fast identisch ist mit der Verzweiflung. (»Dies Wort
hat eine äußerst einfache Bedeutung; es will sagen, daß wir uns
darauf beschränken, uns auf das zu verlassen, was von unserem Wollen
abhängt.«) All dies ist, wiederum, ein ziemlich exaktes »Negativ«
der Wahrheit, das nur der Übertragung in sein Gegenbild bedarf,
damit für ein unvoreingenommen über die Tiefe menschlicher Existenz
reflektierendes Denken deutlich wird, daß ein gegen Verzweiflung wie
Orientierungslosigkeit gleichermaßen gefeites Leben in Freiheit nur
dann möglich ist, wenn der Mensch die Vorgegebenheit der eigenen
Natur, das heißt seine Kreatürlichkeit mit allen Konsequenzen,
annimmt und bejaht.
Josef Pieper: Kreatürlichkeit
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