"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."

"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"

(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)

18. Oktober 2015

Bergpredigt - Kreuz


Wollen wir den Weg der Bergpredigt gehen, dann wird uns GOTT erhöhen. Aber erst müssen wir die Botschaft des Widerspruches tragen, "weil die Welt in ihrer Weltweisheit GOTT in Seiner GÖTT­lichen Weisheit nicht kennt. Darum hat es GOTT gefallen, die, die IHM Glauben schenken wollen, durch eine Botschaft zu retten, die töricht ist."[1 Kor 1, 21] Die Torheit des Kreuzes tragen heißt gar nichts an­deres, als den Widerspruch leben, in dem die Bergpredigt zur Welt steht. Und das fällt uns so schwer! Wir wollen schon glauben, aber wir wollen und verlangen von GOTT, daß Seine Botschaft immer in Einklang steht mit der Welt, mit unseren weltlichen Wünschen, und das ist nicht der Fall. Christ sein heißt, den Mut haben, die Torheit des Kreuzes zu tragen. Heißt: den Mut haben, den Weg die­ses Widerspruches zu gehen. Das Kreuz ist Kreuz mit allem, was darin beinhaltet ist. Das Merkwürdige ist aber, daß gerade dieses Kreuz heißt: Überwindung und Seligkeit.
Kreuztragen und Bergpredigt-Gehen heißt gar nichts anderes, als warten können darauf, bis sich einmal zeigt, daß jeder andere Weg absurd ist. Und das fällt uns so reichlich schwer. Das Kreuz ist Kreuz und ist ernst wie der Karfreitag. Aber so wenig es Ostern gibt ohne diesen Karfreitag, so wenig gibt es tiefsten und wahrsten Frieden ohne das Kreuz
Wir wollen jetzt nicht, wenn wir hören von Bergpredigt, Wege des Kreuzes, da wollen wir nicht in dem Sinne erschüttert werden, daß wir den Kopf hängen lassen und sagen, das Christen­tum ist traurig, man soll es uns fröhlicher geben. O nein! Wenn der Frohmut wahrer Frohmut ist und tiefe Freude, dann kann es nur Osterfreude sein und das heißt, die Freude erlitten haben, heißt, sich hindurchgeläutert haben zur wahren, letzten Freude, die nicht mehr von dieser Welt stammt.
Heute haben wir ein neues Verständnis bekommen für Mystik, speziell für deutsche Mystik; und prüfen Sie doch einmal die Größ­ten: Ruysbroek, Seuse, Tauler, Ekkehart. Je größer sie sind, desto mehr reden sie vom Kreuz. Die können sich den Lebensweg ohne Hindurchgehen durch Kreuz überhaupt nicht denken. Das Kreuz aber, ich möchte sagen, zerschlagen in den kleinen Alltag, zerlegt in die alltäglichen Schritte und Schrittlein, die unser Tagewerk Tag für Tag von uns verlangt, aufgelöst in mein Leben, das ich führe, mit meinen Nöten, in meinem Berufe, in meiner Arbeit, in meiner Familie, in Gesellschaftskreisen, in allen meinen Gebundenheiten, in meinen Verpflichtungen, das heißt gar nichts als das Kreuz auslegen durch die Bergpredigt.

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