"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."

"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"

(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)

4. Dezember 2010

Das Blut der Märtyrer verwandelt die Welt

So können wir in diesem Moment einen Blick auf den zweiten Psalm dieser mittleren Hore werfen, Psalm 81, wo ein Teil dieses Prozesses sichtbar wird. Gott steht unter den Göttern, die in Israel noch als Götter betrachtet werden. In diesem Psalm wird in einer äußerst konzentrierten Form, in einer prophetischen Vision die Entmachtung der Götter sichtbar. 

Diejenigen, die Götter schienen, sind keine Götter und verlieren ihren göttlichen Charakter, sie stürzen. „Dii estis et moriemini sicut homines“ (vgl. Ps 82 [81], 6-7): die Entmachtung, der Sturz der Götter.

Dieser Prozess, der im Laufe des langen Glaubensweges Israels erfolgt und der hier in einer einzigen Vision zusammengefasst wird, ist ein wahrer Prozess der Religionsgeschichte: der Sturz der Götter. 

Und so ist die Verwandlung der Welt, die Erkenntnis des wahren Gottes, die Entmachtung der Mächte, die die Erde beherrschen, ein schmerzhafter Prozess. In der Geschichte Israels sehen wir, wie diese Befreiung vom Polytheismus, diese Erkenntnis - „nur er ist Gott“ – sich unter vielen Schmerzen verwirklicht, angefangen vom Weg Abrahams, dem Exil, den Makkabäern, bis hin zu Christus.

Und in der Geschichte hält dieser Prozess der Entmachtung an, über den die Offenbarung im zwölften Kapitel spricht; sie spricht vom Fall der Engel, die keine Engel, keine Götter auf der Erde sind.

Und er wird gerade in der Zeit der entstehenden Kirche Wirklichkeit, wo wir sehen, wie mit dem Blut der Märtyrer die Götter entmachtet werden, alle diese Gottheiten, angefangen beim göttlichen Kaiser. Es ist das Blut der Märtyrer, der Schmerz, der Schrei der Mutter Kirche, der sie stürzen lässt und so die Welt verwandelt.

Dieser Sturz ist nicht nur die Erkenntnis, dass sie nicht Gott sind. Es ist der Prozess der Verwandlung der Welt, der mit Blut bezahlt wird, der mit dem Leiden der Zeugen Christi bezahlt wird. 

Und wenn wir genau hinschauen, sehen wir, dass dieser Prozess niemals zu Ende ist. Er verwirklicht sich in verschiedenen Zeiträumen der Geschichte auf immer neue Weise. Auch heute, in diesem Moment, in dem Christus, der einzige Sohn Gottes, geboren werden muss für die Welt durch den Sturz der Götter, durch das Leid, das Martyrium der Zeugen.

Denken wir an die großen Mächte der heutigen Geschichte, denken wir an das anonyme Kapital, das den Menschen versklavt, das nichts zum Menschen gehörendes mehr ist, sondern eine anonyme Macht, der die Menschen dienen, von dem die Menschen gequält und sogar zerstört werden. Es handelt sich um eine zerstörerische Macht, die die Welt bedroht. 

Und dann die Macht der terroristischen Ideologien. Scheinbar im Namen Gottes wird Gewalt verübt, doch es ist nicht Gott: es sind falsche Götter, die entlarvt werden müssen, die nicht Gott sind. 

Und dann die Drogen, diese Macht, die wie eine gefräßige Bestie ihre Klauen auf alle Teile der Erde ausstreckt und Zerstörung bringt: sie sind eine Gottheit, aber eine falsche Gottheit, die stürzen muss. 

Oder auch die von der öffentlichen Meinung propagierte Lebensweise: heute macht man das so, die Ehe zählt nichts mehr, die Keuschheit ist keine Tugend mehr und so weiter.

Diese herrschenden Ideologien, die sich mit Macht aufdrängen, sind Götter. Und im Schmerz der Heiligen, im Schmerz der Gläubigen, der Mutter Kirche, zu der wir gehören, müssen diese Götter stürzen, muss sich das verwirklichen, was die Briefe an die Kolosser und an die Epheser sagen: die Herrschaften, die Mächte stürzen und werden Untertanen des einen Herrn Jesus Christus.

Über diesen Kampf, in dem wir uns befinden, über diese Entmachtung der Götter, über diesen Sturz der falschen Götter, die stürzen, weil sie keine Götter sind, sondern Mächte, die die Welt zerstören, spricht die Offenbarung im zwölften Kapitel – ebenfalls mit einem geheimnisvollen Bild, für das es jedoch, so scheint mir, verschiedene schöne Interpretationen gibt. 

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