Das
Menschenleben, sagt Buber, ist eine ständige Zwiesprache des
Menschen mit GOTT. Der Mensch ist in seinem Leben ständig von GOTT
angesprochen, und das ist, vom Menschen her gesehen, die
Wirklichkeit, die GOTT im Menschenleben spielt. Diese Wirklichkeit
ist also eine dynamische. Es muß uns Wunder nehmen und ist ein
merkwürdiger Satz, wenn manche Alten sagen - zuletzt Angelus
Silesius, aber der Satz ist viel älter - "GOTT braucht mich und
ohne mich wäre GOTT nicht GOTT." Das darf man nicht auffassen
vom Standpunkt der Theodizee aus, sondern vom Standpunkt der
Wirklichkeit, wie sie GOTT eingerichtet hat.
GOTT
möchte für uns ein Du sein und umgekehrt muß GOTT für uns ein Du
sein. Es ist etwas anderes, in GOTT lediglich den philosophischen
GOTT zu sehen, das heißt, das Absolute, das ich nicht ablehnen darf
und kann, vielleicht schon aus rein natürlichen Erwägungen heraus.
Das ist nicht der GOTT, um den es sich hier dreht. GOTT, wie wir Ihn
meinen, ist persona und von dem Standpunkt aus gesehen, ist es
erklärlich, daß ER uns Seinen SOHN schickt, um dieses Verhältnis
zu beleben und zu der Höhe zu führen, die ihm entspricht. Der
Mensch, wir Christen, sind also für GOTT nicht nur Geschöpf in
genere, der Mensch ist ein Kind, von GOTT angesprochen, es hört auf
GOTT, für GOTT ein Du.
Und
das ist von vornherein das große Wunder, daß GOTT den Menschen als
ein Ich nimmt und daß ER mit dem Menschen nicht umgeht wie mit
irgend einem anderen Geschöpf. Zum ganzen Universum sagt GOTT nicht
Du. Das ganze Universum ist in seiner Pracht und Herrlichkeit, in die
wir jetzt ein bißchen mehr eindringen, für GOTT nur ein Es. Und die
Seele des geringsten Menschen ist für GOTT ein Du. Und indem der
Mensch ist und GOTT ein Verhältnis zu ihm hat, ist der Mensch von
GOTT angesprochen.
Das
Verhältnis GOTTES zum Menschen müssen wir als ständige Zwiesprache
ansehen, als Zwiesprache, die einsetzt am Sinai und die fortgeführt
wird bis zu jener Zwiesprache, wo GOTT Seinen eingeborenen SOHN uns
schenkt, der schlechthin das Wort GOTTES geworden Ist. ER ist eben
das Wort GOTTES in Person, das seiende Wort; und so muß auch unser
Leben ein ständiges Angesprochensein von GOTT bedeuten. Wie das
Angesprochensein verläuft, ist eine andere Sache.
Aber
der Mensch, ohne angesprochen zu sein von GOTT, ist genau so und viel
weniger wie ein Kind, das eine Mutter hat, die nie mit dem Kinde
spricht. In der Sprache und in der Art der Sprache liegt es, wie die
Menschen einander mitzuteilen verstehen. Alles sind Wesen, die Vögel
und Tiere geben einander Zeichen und aufgrund der Zeichen verstehen
sie die Reaktion. Aber sie sprechen nicht miteinander, sprechen kann
nur der Mensch und GOTT. Und darum können wir das Verhältnis GOTTES
zum Menschen als Sprechen ansehen und umgekehrt und wir müssen uns
in allweg von Ihm angerufen fühlen. Je mehr der Mensch sich diesem
Rufe GOTTES entzieht, je weniger ist er Kind GOTTES. Es kommt also
ganz und gar darauf an, wie stark Einer im Gespräch ist.
VB 1957
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