"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."

"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"

(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)

14. November 2010

»Manisch-depressiv«

Die Welt ist von solcher Art, daß, wer sie eindringend erkannte, in abgründige Trauer fallen könnte: Gottes eigener Logos mußte, Mensch geworden, einen schlimmen und schmählichen Tod sterben; am Ende der Weltgeschichte steht die Weltherrschaft des Bösen; Thomas von Aquin sagt, der Geistgabe der Wissenschaft entspreche die Seligpreisung »Selig die Trauernden [...]«. 

Wer das bedenkt (und der Mensch kann dessen ja auch anders innewerden als in bewußter Reflexion), mag schon in unstillbares Weinen geraten und in tiefste Depression – die also keineswegs »gegenstandslos« und »unbegründet« sein muß.

Und anderseits: die Wirklichkeit ist, im Selben und auf nicht minder wirkliche Weise, so sehr vom Heil durchwirkt; sie ist so sehr und über alles Erdenkbare hinaus gehalten von der Liebe Gottes, daß, wer dies von Grund auf bedenkt und erkennt, darüber sehr wohl in eine, anscheinend gleichfalls »unbegründete« und tatsächlich durch keinen näheren und einzelnen Anlaß motivierte Freude geraten mag, welche schier die Fassungskraft des Gemütes sprengen kann. 

Wieso ist nun die Mittel-Lage das »Normale«? Und wodurch wird diese Normalität reguliert – etwa durch den physiologischen Zustand des innersekretorischen Apparats oder des Nervensystems? 
(J. Pieper 1947)



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