"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."

"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"

(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)

17. März 2016

Kartage (5)

Wir müssen ganz in der Dreifaltigkeit drinnen leben, was heißt das? Das Leben in der Heiligen Dreifaltigkeit, dabei ist zu verstehen das innertrinitarische Leben, nicht, daß GOTT mir Vater ist, daß ER mich erschaffen hat, nicht, daß GOTT mein Ziel ist.
Und wir modernen Christen sind ohne weiteres bereit, zu sagen, da komme ich nicht heran. Ist das wahr? Die Alten waren ganz anderer Auffassung und gemessen an den Abschiedsreden ist es anders. Schrift und Väterlehre, die lassen keinen Zweifel darüber, daß das Hervorgehen des SOHNES aus dem VATER im HEILIGEN GEISTE und das Zurückstreben des SOHNES in den VATER den Christen muß hineinreißen oder er ist nicht Christ.
Man könnte eigentlich so sagen: Was ist Christentum? Teilnahme am trinitarischen Leben. Einer hat diese Sache geahnt -, den hat diese Frage gebrannt, aber
1.) war seine Zeit ihm schon reichlich entwachsen und
2.) war er teilweise zu keck - das war Eckehart. Der hatte keine andere Frage wie Athanasius. Nur ging er zu unvorsichtig und scharf heran, sodaß man ihn mißverstehen mußte. Aber er wußte davon!
Wir dürfen uns die HEILIGE DREIFALTIGKEIT ja nicht vorstellen, was man immer zu sagen gewagt hat, als einen Seins-Klotz, der starr ist, sondern, das ist von uns aus gesehen, die allerhöchste Bewegung, die man sich denken kann, das lebendige Leben, das in sich nicht einen Hauch und Schatten von Tod hat und dieses Leben ist eben ein Hinbewegen des VATERS auf den SOHN im HEILIGEN GEISTE. Und so schließt sich der Kreis. Und nun ist es die Aufgabe der Sakramente, besonders der hl. Taufe, daß der Getaufte in das Strömen dieser Liebe hineingezogen wird, dieser Liebe, welche der HEILIGE GEIST Selber ist; und in dieser Liebe, sagt Athanasius, wird der SOHN und der Mensch im SOHN hingetragen zu GOTT dem VATER.
Der SOHN ist gar nichts anderes als die Tat der Hingabe an den VATER, ER ist immerwährende Hinneigung auf die GÖTTliche Person, Die IHN hervorbringt allezeit. Aber diese Hinneigung des SOHNES zum VATER ist nicht etwas, was vom Wesen des SOHNES untrennbar ist, sondern das ist der SOHN. Anders ausgedrückt: Wenn wir überhaupt es fassen wollen, dann müssen wir sagen, der SOHN wird dadurch gesandt, daß der VATER IHN als das Ewige WORT in ewigem Zwiegespräche spricht. Aber in einem Zwiegespräch - der SOHN muß dem VATER antworten, ER ist nicht nur das WORT, sondern auch Antwort, die Gegenbewegung. Nun ist es die Aufgabe des HEILIGEN GEISTES, den begnadeten Menschen in dieses Zurückströmen hineinzureißen. Und das ist Aufgabe der heiligmachenden Gnade. Dazu empfängt der Mensch heiligmachende Gnade.
Wie ist das möglich, hineingerissen zu werden in diese Zurückbewegung? Das ist deswegen möglich, weil das Wort nicht nur LOGOS, sondern JESUS CHRISTUS zu gleicher Zeit ist. Weil das Wort nicht nur ewiges WORT ist, sondern neben der GÖTTlichen, die menschliche Natur hat. "Du aber hast mir einen Leib gegeben." [Hebr 10, 5] Dem SOHNE war die Aufgabe dieses Lebens, der Inkarnation, der Einfleischung, etwas ganz Klares; nun bin ich aber ganz Fleisch, wie der SOHN Fleisch ist, und daher wird der Mensch mit Hilfe - der menschlichen Natur hineingerissen in die Herrlichkeit des GÖTTlichen Lebensrhythmus. Der Getaufte bekommt dazu Taufe, - damit er erst einmal verwandt sei CHRISTUS - daher ist das die Voraussetzung alles Christentums: "Per CHRISTUS dominum nostrum" [Durch CHRISTUS unseren Herrn], weil die Voraussetzung ist, daß der Christ verwandt werde CHRISTUS. Und wenn der Mensch einmal CHRISTUS verwandt ist, dann sorgt der HEILIGE GEIST für alles andere. Und so wird dann der Christ hineingerissen auch in das innertrinitarische Leben, in die Bewegung, die ist zwischen VATER und SOHN.
So sehr es wahr ist auf der einen Seite, daß der Christ GOTT als dem "Ganz Anderen" gegenübersteht, so sehr ist es auch wahr, daß ein Mensch, wenn er Christ ist, in dieses innergöttliche Leben hineingerissen wird und dazu bedurfte es eben des Eingeborenen SOHNES und Seiner Offenbarung. Ohne diese wäre es unmöglich gewesen, daß ein Mensch je aufgrund des Alten Testamentes draufgekommen wäre, was eigentlich seine Aufgabe ist.
Und nun sehen Sie, auf der einen Seite ist wohl das Neue Testament ohne Altes undenkbar, weil das Alte Testament die dogmatische Vorbereitung des Neuen ist; und auf der anderen Seite sind sie von einander getrennt wie Tag und Nacht. Das ist wirklich wahr, daß die Alten verlangt hatten, diesen Tag zu sehen und sie haben ihn nicht gesehen. Es ist wahr, bis zu dem Augenblick war ihnen alles nur Schatten, namentlich gesehen von dem Standpunkte des Gründonnerstag. Von der Nacht des Gründonnerstag, wo der HERR zum ersten Male dieser Strömung wahren Ausdruck gibt, ist alles Vorher seit Moses und Abraham Nacht, richtiggehend Nacht.
Das Alte Testament sieht beim Menschen das Tun an. Hier habe ich die Leistung. Gib. Das war die ganze Moral des Alten Testamentes. An die GOTTES1iebe hat man nur getastet und dann verstanden sie die Liebe nur als inneres Interesse, aber was sie nicht verstehen konnten, daß der Mensch muß hineingerissen werden in diese Bewegung. Da sehen Sie nun, das ist eigentlich Liebe. Das verstand das erste Christentum unter Liebe. Wir dürfen also und müssen theologisch unbedingt den Satz aussprechen: Der Begnadete vollzieht die innergöttlichen Lebensvorgänge mit. Sie werden nicht nur in ihm vollzogen - die begnadete Seele ist der Raum dazu. Der Mensch selber wird mit hineingerissen, er nimmt in lebendiger wirklicher Weise am inneren, dreipersönlichen Lebensaustausch GOTTES teil.



Fortsetzung

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