Schuld und Vergebung sind nicht Verbuchungsvorgänge, sind nicht Materie von juristischer Zuweisung und von Nachlass von Schulden. Sie greifen vielmehr tief in die Realität ein. Die schlechten Handlungen verursachen eine negative Veränderung des Kosmos. Sie sind gegen die Schöpfungsordnung und sie können nur durch Handlungen ausgeglichen werden, die die Weltordnung wiederherstellen. An zweiter Stelle: Diese Vorstellung von einem natürlichen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung ist wichtig für die Rolle Gottes bei der Vergebung: Er ist nicht der strenge Gläubiger, der Schulden in Ordnung bringt, er ist vielmehr der wohlwollende Schöpfer, der die Menschen wieder zu Wesen macht, die er liebt, und der die Schäden, die sie an der Welt verursacht haben, wiedergutmacht. Diese zwei Voraussetzungen entsprechen nicht dem juristischen Verständnis von Sünde und Vergebung in unserer Kultur. Man muss sie aber berücksichtigen, weil man sonst einen Zugang zur Verkündigung von der Barmherzigkeit Gottes verliert. Das ontologische Verständnis der Sühne zeigt sich in einigen metaphorischen Ausdrücken: Gott „wirft die Sünden in die Tiefe des Meeres“ (Mi 7,19), „wäscht ab die Schuld“ (Ps 51,4) und „erlöst von der Sünde“ (Ps 130,8).
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