Der Titel »Mutter Gottes« ist die Grundlage für alle übrigen Titel, mit denen Maria im Osten und im Westen von Generation zu Generation verehrt wurde und weiter angerufen wird. Auf das Geheimnis ihrer Gottesmutterschaft beziehen sich viele Gesänge und Gebete der christlichen Tradition, wie zum Beispiel eine marianische Antiphon der Weihnachtszeit, das Alma Redemptoris mater, mit dem wir bitten: »Tu quae genuísti, natúra miránte, tuum sanctum Genitórem, Virgo prius ac postérius – Du hast geboren, der Natur zum Staunen, deinen heiligen Schöpfer, Jungfrau vor und nach der Geburt«. Liebe Brüder und Schwestern, wir betrachten heute Maria, die jungfräuliche Mutter des eingeborenen Sohnes des Vaters; lernen wir von ihr, das Kind aufzunehmen, das für uns in Betlehem geboren ist. Wenn wir in dem von ihr geborenen Kind den ewigen Sohn Gottes erkennen und ihn als unseren einzigen Heiland aufnehmen, dürfen wir uns Söhne Gottes nennen und sind es wirklich: Söhne im Sohn. Der Apostel schreibt: »Gott sandte seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt, damit er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehen, und damit wir die Sohnschaft erlangen« (Gal 4,4–5). Der Evangelist Lukas wiederholt mehrmals, daß Maria in Stille nachdachte über diese außerordentlichen Geschehnisse, in die Gott sie einbezogen hatte. Das haben wir auch in dem kurzen Abschnitt des Evangeliums gehört, den uns die Liturgie heute vorlegt. »Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach« (Lk 2,19). Das griechische Wort, das verwendet wird: symbállousa bedeutet wortwörtlich »zusammensetzen« und läßt an ein großes Geheimnis denken, das nach und nach entdeckt werden muß. Das Kind, das in der Krippe weint und scheinbar allen Kindern der Welt gleicht, ist aber zugleich ganz anders: Es ist der Sohn Gottes, es ist Gott, wahrer Gott und wahrer Mensch. Dieses Geheimnis – die Menschwerdung des göttlichen Wortes und die Gottesmutterschaft Marias – ist groß und mit der menschlichen Vernunft allein nicht leicht zu begreifen. Aber in der Schule Marias können wir mit dem Herzen das erfassen, was die Augen und der Sinn allein nicht wahrnehmen und fassen können. Denn es handelt sich um ein so großes Geschenk, daß wir es nur im Glauben annehmen können, ohne es ganz zu verstehen. Und auf diesem Glaubensweg kommt uns gerade Maria entgehen, sie stützt und leitet uns. Sie ist Mutter, weil sie Jesus im Fleisch geboren hat; sie ist es, weil sie dem Willen des Vaters ganz zugestimmt hat. Der hl. Augustinus schreibt: »Für sie wäre die Gottesmutterschaft wertlos gewesen, wenn sie nicht Christus im Herzen getragen hätte, mit einem glücklicheren Los als dem, als sie ihn im Fleisch empfing« (De sancta Virginitate, 3,3). Und Maria bewahrte und »setzte« die nachfolgenden Ereignisse »zusammen«, deren Zeugin und Protagonistin sie war, bis zum Kreuzestod und zur Auferstehung ihres Sohnes Jesus. Liebe Brüder und Schwestern, nur wenn wir alles, was wir erleben, zu einer Einheit zusammensetzen und im Herzen bewahren, können wir in der Nachfolge Marias in das Geheimnis eines Gottes eindringen, der aus Liebe Mensch geworden ist und uns ruft, ihm auf dem Weg der Liebe zu folgen: einer Liebe, die jeden Tag in einen großmütigen Dienst an den Brüdern und Schwestern umzusetzen ist. |
"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."
"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"
(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)
"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"
(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)
1. Januar 2011
symbállousa - erwägen
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen