"Minimum quod potest haberi de cognitione rerum altissimarum, desiderabilius est quam certissima cognitio, quae habetur de minimis rebus."

"Das Geringste an Erkenntnis, das einer über die erhabensten Dinge zu gewinnen vermag, ist ersehnenswerter als das gewisseste Wissen von den niederen Dingen"

(Thomas von Aquin: I, 1, 5 ad 1)

25. September 2010

Nicht Zuschauer - Mitspieler

Es besteht immer die Gefahr, daß man auf das Geschehen in und um die Hl. Mutter Kirche als Beobachter wie von außen schaut und bewertet (urteilen soll man ja nicht!). Daß dies aber die absolut falsche Position ist, von der aus das Weltgeschehen zu beobachten, zeigt uns Kardinal Meisner in diesen Worten.


"Wenn der Einstieg Gottes in die Welt Abstieg heißt, dann wird der Weg seiner Kirche ebenfalls Abstieg heißen müssen, um die Welt zum Aufbruch zu bringen. Die fortschreitende gesellschaftliche Schwächung der Kirche bei uns führt konsequenterweise ins Zentrum zu Jesus Christus im Abstieg. Das führt weg vom Besitz hin zur Gabe; das führt weg vom Privileg hin zur Verantwortung; das führt weg von der Selbstbewahrung hin zur Preisgabe. Diese Berufung heißt Sauerteig. Die Sauerteigfunktion bedingt geradezu die absteigende Existenz der Kirche: verborgen im großen Teig, eingekeilt in die Masse bis zur äußeren Ununterscheidbarkeit, aber dort mit einer Kraft, die den ganzen Teig durchsäuert und emporhebt. Israels größte religiöse Zeit war das Exil, in der alle äußeren Haltepunkte weggefegt waren. Dem neuen Israel, der Kirche, kann es nicht anders ergehen. Die immer neuen Leidensankündigungen des Herrn an seine Jünger wollen ohne Zweifel einschärfen: Leidenssituationen sind die Normalsituationen einer bezeugenden Kirche, weil sie ganz und gar der Norm Christi entspricht. Das bringt die Kirche in ungeheure Aufbrüche hinein. ...

Der einzelne Christ ist beim Drama der Verdemütigung seiner Kirche nicht Zuschauer, er ist Mitspieler. Am eigenen Leib wird er diesen Vorgang nachvollziehen müssen. Der Christ ist ein Beauftragter. Und dieser Auftrag treibt ihn in die Grenzgestalt des Weizenkorns, das in die Erde fällt. Die herabsteigende Liebe Christi ist die durchgehende Lebensform des Christen. Sie kann sich in verschiedenen Weisen zeigen, hat aber immer die Gestalt des Weizenkorns, das man im Versinken in die Erde nicht sehen kann, sondern nur in der Frucht, die es bringt. Die Formkraft Christi liegt - so wird man hier wohl sagen dürfen - in der Formlosigkeit des in der Erde sterbenden Weizenkorns, das nicht zu sich selbst, sondern zur Ernte aufersteht. Diese herabfallende Linie des Weizenkorns muss auch die Bewegung all derer sein, die ihr Leben christusförmig gestalten wollen. Wir lassen uns säen um der Ernte willen, und die Keimkraft Christi in uns wird die dicksten Erdschollen durchbrechen."

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